Tote im Straßenverkehr: Bäume in Kurven können Leben kosten
Weltweit passieren 3.300 Verkehrsunfälle pro Tag. Auch in Deutschland ist die Zahl der Menschen, die jährlich ihr Leben auf der Straße verlieren relativ hoch, wenngleich der Trend rückläufig ist. Eine Stiftung in Frankfurt hat sich diesem Thema seit vielen Jahren angenommen und unterstützt Personen, Polizei und Staatsanwaltschaft bei der Aufklärung von Verkehrsunfällen. Denn diese hohe Anzahl von Unfällen kann vermieden werden, wenn gewisse Regeln beachtet werden.
Laut vorläufiger Zahlen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) stieg die Zahl der Sachschadenunfälle im abgelaufenen Jahr bis zum Monat November um 2,1 Prozent auf rund 191.100, während sich die Zahl der Personenunfälle um 2,4 Prozent auf 23.800 erhöhte. Dagegen ist die Zahl der Verkehrstoten mit 3.340 rückläufig (- 7,2 % im Vergleich zu 2012). Diesen seit mehreren Jahren zu beobachtenden Trend führt Destatis unter anderem darauf zurück, dass die Fahrzeuge insgesamt sicherer werden sowie auf die verbesserte Fahrausbildung junger Verkehrsteilnehmer bzw. Notfallmedizin.
Nach wie vor ereigneten sich die meisten Unfälle mit Personenschaden innerhalb von Ortschaften (69,0 %); jedoch wurden hier nur 29,5 % der Getöteten registriert. Auf den Außerortsstraßen (ohne Autobahnen) passierten zwar nur 25,1 % der Personenschadensunfälle, dafür kamen aber 59,8 % der Verkehrsopfer ums Leben. Hinzu kommt, dass außerhalb von Ortschaften der „Fahrunfall" bei den Unfallzahlen (34,8 %) als auch bei der Zahl der Getöteten (42,5 %) der häufigste Unfalltyp war. Insofern kann nicht überraschen, dass die meisten Verkehrsteilnehmer, die bei einem Unfall mit Aufprall auf einen Baum getötet wurden, auf Landstraßen außer Orts starben. Vier von fünf dieser tödlichen Unfälle aufgrund von Bäumen auf Landstraßen waren Unfälle ohne fremde Beteiligung, bei denen der Fahrer oder die Fahrerin die Kontrolle über das Fahrzeug verloren. Allein im Jahr 2011 - neuere Zahlen sind nicht verfügbar - verloren laut Destatis 821 Menschen ihr Leben. Das war jeder fünfte Verkehrstote.
Zu einer weitaus erschreckenderen Zahl kommt der Gründer und ehrenamtliche Vorstandsvorsitzende der Stiftung zur Vermeidung von Verkehrsopfern (www.stiftung-vvv.de), Arthur Möller. Laut seinen Beobachtungen, die zum Teil auch auf Statistiken der Polizei Hessen beruhen, knallen von 100 getöteten Verkehrsteilnehmern auf bundesdeutschen Landstraßen etwa zwei Drittel (zumeist in den Kurven) gegen einen Baum. Wenn die Bäume dort nicht gestanden hätten, würden die meisten noch leben, betont Möller. Nach seiner Einschätzung gehören Bäume in den Wald und nicht in die Fliehkraftzonen von Kurven, zumal er den Bäumen eine magnetische Anziehungskraft nachsagt. Stattdessen schlägt Möller an diesen Plätzen die Pflanzung von Hecken vor, da diese im Falle eines Unfalls wie Fangnetze wirken und nicht wie eine Betonwand.
Möller, der seit knapp 30 Jahren Personen, Polizei und Staatsanwaltschaft bei der Aufklärung von Verkehrsunfällen unterstützt, hat sich mit Hilfe seiner Stiftung zur Vermeidung von Verkehrsopfern (VvV) (www.stiftung-vvv.de) zum Ziel gesetzt, die erschreckende Zahl der Baumunfälle sukzessiv zu vermindern. Inzwischen habe sich auch die Polizei in Hessen mit einer Schwerpunkt-Aktion „Baumumfälle Landstraße" dieser Problematik gewidmet. Nach Möllers Ausführungen betrachtet auch die Polizei Bäume in der Kurve inzwischen als gefährliche Hindernisse. Der VvV unterstützt diese Aktion indem er kostenlos Baum-Unfall-Denkmäler (siehe untenstehende Abbildungen) zur Verfügung stellt.
Möller montiert diese Denkmäler aus Baumstämmen, verunglückten Autos und Motorrädern auf Anhängern und stellt diese Autowracks, zu denen auch Kreuze gehören, in Abstimmung mit den kommunalen Behörden zumeist auf stark frequentierte Plätze. Diese Unfall-Denkmäler stellt die Stiftung auch vor Discos, nicht zuletzt um besonders bei jugendlichen Fahrern Aufklärungsarbeit zu leisten. Dass diese bei Passanten durchaus Schockreaktionen auslösen können, ist Ziel seiner Strategie. Denn Möller will mit diesen Aktionen die Leute zum Nachdenken anregen und darauf hinweisen, dass bei einem unvernünftigen Fahrstil das Leben schnell vorbei sein kann. Der umtriebige Rentner, der 2010 den Bürgerpreis der Stadt Frankfurt für sein ehrenamtliches Engagement erhalten hat und auch schon vom Bundespräsidenten von Weizsäcker ausgezeichnet wurde, weiß wovon er spricht. Zum einen hat er als Sachverständiger die Folgen von Verkehrsunfällen jahrelang nachvollzogen, zum anderen hat er vor längerer Zeit selbst Familienmitglieder durch Unfälle verloren.
Daneben hält Möller auch in Schulen bzw. Fachhochschulen Vorträge wie sich mithilfe eines vernünftigen Fahrstils Baum-Unfälle vermeiden lassen. Dabei hat er vor allem die Uneinsichtigen im Fokus, wobei auch Personen gemeint sind, die unter Alkohol-Einfluss stehen. Daneben bietet die Stiftung auch Fahrsicherheitskurse sowie Crash-Vorführungen an. Aus Altersgründen hat Möller sein Wissen und seine Kontakte an den Nachfolgeverein - „Verein zur Verhütung von Verkehrsunfällen" - abgegeben. Diesem Verein steht Holger Ritschdorff vor, der seit 14 Jahren dem VvV angehört. Der Verein arbeitet ehrenamtlich und finanziert sich aus Spenden, Zuweisungen von Geldauflagen und Bußgeldern durch Gerichte sowie Staatsanwaltschaften.